Archäologischer Atlas der tschechisch-bayerischen
Grenze im Mittelalter und in der Neuzeit


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BODENMAIS

Vitriolhütte

Kreis: Regen
Datierung: Dolní Bavorsko
Lage: 18. – 19. Jahrhundert

Zugang

Die Vitriolhütte befindet sich in einem Wald östlich von Bodenmais. Sie ist über den rot markierten Touristenweg erreichbar. Die Straße mit der Haltestelle Vitriolhütte ist ebenfalls nicht weit von der Hütte entfernt.

Bedeutung

Die Vitriolhütte in Bodenmais ist ein Beispiel für die sich entwickelnde chemische Industrie im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Das Hauptprodukt war rauchende Schwefelsäure, die hauptsächlich in der Textilindustrie zum Bleichen von Wäsche verwendet wurde.

Geschichte

Eine wichtige Chemikalie, auf die die europäische Gesellschaft Ende des 15. Jahrhunderts stieß, war rauchende Schwefelsäure, auch Oleum genannt. Diese wurde aus Alaunstein hergestellt, dessen Abbau in der Gegend von Tolfa bei Rom begann und sich bald auf das transalpine Gebiet ausbreiteteAb Ende des 16. Jahrhunderts begann sich die Vitriolindustrie dann in der Oberpfalz und in Westböhmen zu entwickeln. Zum Boom der chemischen Industrie kam es in den Regionen Pilsen und Elbogen vor allem ab dem späten 18. Jahrhundert, als rauchende Schwefelsäure in der Textilindustrie zum industriellen Bleichen von Leinewänden verwendet wurde. In der Oberpfalz gab es Lagerstätten in Grube Bayerland, bei Waldsassen und bei Schirnding. Rund um Bodenmais wurden wichtige Betriebe eingerichtet. In der Landschaft begann man mit der intensiven Ausbeutung von Schwefelkies (Pyrit-Schiefer) und dem Bau sog. Ölmühlen, in denen Oleum durch Trockendestillation hergestellt wurde. Da sich die meisten Betriebe im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts auflösten, kam es zum Verfall ihrer Räumlichkeiten. Die Töpferhütte wurde zwischen 1808 und 1816 erbaut und technische Keramik wurde hier bis zum Jahre 1829 hergestellt. Im Inneren des Gebäudes befand sich ein gemauerter Töpferofen.

Beschreibung

Die Vitrolhütte befand sich in der Nähe der Bergbaugebietes Silberberg, in dem eine Alaunsteinlagerstätte entdeckt wurde. Sie bestand aus einer eigenen Oleumhütte und einer Töpferhütte, die sich 90 Meter südlich von ihr befand. Nördlich der Vitriolhütte wurde ein hölzernes Wassermanagementsystem eingerichtet, das mit dem Kleinen Schwarzbach verbunden war. Zwischen den Jahren 1999 und 2002 wurden archäologische Erforschungen sowohl der Vitriolhütte als auch der Brennhütte durchgeführt. Bei den ersten Sondierungen wurden etwa 625 kg technischer Keramik entdeckt, was die Notwendigkeit einer interdisziplinären Forschung von Archäologen mit Chemikern erforderlich machte. In der Vitriolhütte wurden fünf Vitriolöfen entdeckt. Jeder der U-förmigen Steinöfen hatte eine Größe von ungefähr 3,5 x 2 Metern. Ein Heizkanal (Schürkanal) verlief immer durch die Mitte des Ofens. Über dem Kanal befand sich ein weiterer Raum aus Ziegeln, in dem geheizt wurde. Auf dem Eisengitter über dem Feuer wurden seitlich in die Löcher in der Wandkrümmung Retorten gelegt, die erhitzt wurden. Von diesen aus floss das Produkt in einen Vorlage außerhalb des Ziegelteils, in dem das Oleum gesammelt wurde. Sie befanden sich alle in einer Reihe entlang der Nordwand. Südlich und östlich der Hütte befanden sich Müllhaufen voller technischer Keramik. Die Torsi der Brennflaschen wurde ebenfalls entdeckt. Nach den Forschungen wurden die Relikte der Vitriolhütte aufbewahrt und der Ort so hergerichtet, dass sie von Touristen besucht werden kann.

Literatur

LEHRBERGER, G. – HALLER, R. – SCHINK, C. 2006: Oleum. Die Vitriolölhütte am Kleinen Schwarzbach bei Bodenmais (1787-1829) – Anfänge der chemischen Industrie in Bayern. Bodenmais.
FÁK, J. 2016: Pozůstatky těžby kyzových (pyritonosných) břidlic v údolí Lomanského potoka. Archeologie západních Čech 10, 240-244.
ROŽMBERSKÝ, P. 2010: Zaniklý chemický průmysl na Chříčsku. Vlastivědný sborník – čtvrtletník pro regionální dějiny severního Plzeňska 1, s. 18-22; 2, 14-21; 3, 18-22; 4, 12-18.
CHALOUPKA, J. 2008: Zaniklý minerální podnik od obcí Kočín na severním Plzeňsku. Archaeologia technica 19, 44-55.