Archäologischer Atlas der tschechisch-bayerischen
Grenze im Mittelalter und in der Neuzeit


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PURSCHAU

Dorf

Kreis: Tachau
Datierung: Plzeňský kraj
Lage: 14. (13?) - 20. Jahrhundert

Zugang

Das untergegangene Dorf Purschau (Pořejov) befindet sich 6 km südwestlich von Tachau (Tachov) in der Gemarkung der Gemeinde Hesselsdorf (Hošťka). Das Dorf wird heute durch die Staatsstraße durchgeschnitten, die Petlarn (Žebráky) und Maschakotten (Maršovy Chody) verbindet. Das Dorf liegt im Quellbecken des Zuflusses des Zeidelbaches (Brtný potok). Das Dorf ist ein gutes Ziel für Radwanderungen, weil durch das Dorf der Radweg Nr. 36 führt. 36.

Bedeutung

Das wüste Dorf Pruschau ist ein trauriger Zeuge der Spaltung der deutsch-tschechischen Beziehungen in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. In diesem ruinierten Dorf kann die Archäologie gegenwärtig nicht nur die Besiedlung in der relativ nicht weit entfernten Vergangenheit, sondern auch die Gestalt des Dorfes (der kleinen Stadt) im Mittelalter und in der frühen Neuzeit untersuchen.

Geschichte

Zum ersten Mal wird das Dorf in Archivquellen zum Jahre 1352 erwähnt. Purschau gehörte zum tachauer Lehenskreis, die Besitzer des Dorfes waren Untertanen der königlichen Burg in Tachau, zu der sie auch eine Wehrpflicht besaßen. 1368 lebte im Dorf der Ritter "de Czernak", womit ein Herrschaftssitz im Dorf nachgewiesen ist. Während dem 15. Jahrhundert wurde diese Feste in Purschau durch die Ritter von Sebuzín und im 16. Jahrhundert die Ritter von Dolnic gehalten. Gegen 1500, zu Lebzeiten des Hans von Dolnic und seines Sohns Wolf, erhielt das Dorf Stadtrechte. Es folge eine nie da gewesene Blüte der Siedlung, die zum Eigentum der Familie Pergnár wurde. Mit der Familie Pergnár ist auch ein Wiederaufbau der Siedlung und Umbau der gotischen Bartholomäuskirche verbunden. An Sebastian Pergnar als Besitzer von Purschau und Uschau (Úšava) erinnert sein Grabmal von 1623, das aus der Purschauer Kirche in das Lapidarium des tachauer Museum gebracht wurde. Seinem Neffen wurde Purschau für die Teilnahme am Aufstand gegen die Habsburger entzogen, 1625 erhielt es der kaiserliche Kapitän Hieronymus della Porta. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf durch die Schweden beschädigt. Während dem 17. Jahrhundert hatte Purschau den Charakter eines Marktfleckes, das Leben in der Stadt war viel mehr mit dem Handwerk, als mit der Landwirtschaft verbunden. Die Anzahl der Anwesen stieg von den ursprünglich 49 Häusern im 17. Jahrhundert auf 135 Häuser im Jahre 1930 an. Zu dieser Zeit lebte hier eine überwiegend deutsche Bevölkerung, seit der Hälfte des 17. Jahrhunderts auch einige jüdische Familien. Weil es sich um eine bedeutende Gemeinschaft handelte, wurde für sie im Schlossgebäude 1765 eine Synagoge errichtet, die bis 1938 genutzt wurde. Nachdem das Dritte Reich das Grenzgebiet besetzte, wurden die purschauer jüdischen Familien verschleppt und es blieb nur die deutsche Bevölkerung übrig. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges kam es im Dorf am 5. Mai zu einem Kampf zwischen den amerikanischen Truppen und den Kämpfern der SS, die sich in der Nähe des Dorfes versteckten. Der Kampf endete mit einem Brand, dem 32 Häuser, der Herrenhof sowie das alte Schloss zum Opfer gefallen sind. Die Zerstörung des Dorfes wurde 1948 vollendet, wann Purschau die letzte Bevölkerung verlassen hat, die nach Deutschland vertrieben wurde. Die Überreste der Bauwerke wurden endgültig 1971 abgerissen, danach wurde der Raum als Deponie genutzt.

Beschreibung

Der Grundriss von Purschau hat eine die Form eines Platzdorfes, die Achse wird durch einen Bach gebildet. Die Gehöfte auf dem Dorfplatz waren Giebelseitig angeordnet. Der Dorfplatz wurde aus Stein- oder Holzhäusern umsäumt. Im unteren Teil befand sich ein Herrensitz mit einem Wassergraben und eine Kirche. Dem Herrensitz ging scheinbar eine Feste voraus. Die Ansiedlungen verfügten über eine Streifenflur. Die ursprünglich gotische Bartholomäuskirche wurde 1587 umgebaut und hatte einen rechteckigen Chor mit einer Sakristei, ein langes Kirchschiff und im Inneren viele Grabmäler lokaler Familien. In der Nähe von Purschau befindet sich die bis heute sichtbare Wallfahrtskirche St. Anna (erbaut zwischen 1660 und 1663), in der Bestattungen nicht nur aus Purschau, sondern auch aus Petlarn und Wosant (Bažantov) stattgefunden haben.
In den Jahren 2005 bis 2007 fand in Purschau unter der Leitung von R. Balý eine Grabung statt mit dem Ziel, den Innenbereich der Gemeinde kennen zu lernen. Währen einer geodetisch-topographischen Untersuchung wurden 65 Überreste insbesondere von Häusern und Wirtschaftsgebäuden und 11 Kellerräume erfasst. Danach wurde die Ansiedlung Nr. 7 mit Überresten eines steinernen Dreiflügelhauses freigelegt. Dieses kann als ein sog. Scheunentyp definiert werden, der vom Hof sowie von der Flur aus betreten werden konnte. Das Haus hatte einen Grundriss 18 x 9. Zum Gegenstand der Grabung wurden auch weitere Bauwerke, die nach 1945 untergegangen sind, insbesondere die Mühlen in der Umgebung von Purschau sowie die Bartholomäuskirche.


Literatur

Balý, R. 2008: Odkaz staveb zaniklých po roce 1945 v Pořejově na Tachovsku na příkladu čp. 7. In: Dějiny staveb 2007, 191-194.
Balý, R. 2009: Zaniklá ves Pořejov na Tachovsku. Nepublikovaná diplomová práce na katedře archeologie FF ZČU. Plzeň.
Galusová, L. 2008: Zaniklý Mášův mlýn: Příspěvek k poznání novověkých vodních mlýnů na Tachovsku. In: Dějiny staveb 2007, 201-204.
Procházka, Z. 2005: Osudy čtyř zaniklých obcí. In: Český les. Příroda. Historie. Život, 341-349. Praha.
Procházka, Z. 2017: Trpký příběh kostela sv. Bartoloměje v Pořejově aneb jak jsem „zničil“ kulturní památku a o dalších výzkumech. Domažlice.
Vařeka, P. – Balý, R. – Funk, L. – Galusová, L. 2008: Archeologický výzkum vesnic středověkého původu na Tachovsku zaniklých po roce 1945, Archaeologia historica 33, 101-117.
Vetrák, M. 2011: Kostel sv. Anny u Pořejova. In: Sborník Muzea Českého lesa v Tachově 32, 38-52. Domažlice.