Archäologischer Atlas der tschechisch-bayerischen
Grenze im Mittelalter und in der Neuzeit


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FLOSSENBÜRG (KZ)

Konzentrationslager

Kreis: Neustadt an der Waldnaab
Datierung: Horní Falc
Lage: 20. Jahrhundert

Zugang

Das Konzentrationslager befindet sich im Nordosten der Gemeinde Flossenbürg. Zwischen der Birkenstraβe und der Silbrhüttenstraβe gibt es einen großen Parkplatz, von dem aus die Anlage bequem erreichbar ist.

Bedeutung

In den letzten Jahrzehnten kommen in der Archäologie Untersuchungen vor, die sich auf die Problematik von Gebieten konzentrieren, die im Zusammenhang mit Nationalsozialismus stehen. Das Ziel ist, das kulturelle Gedächtnis zu vertiefen und seine Veränderungen zu untersuchen. In Berlin werden so die Gefängnisse der Gestapo, die Führungshauptämter und Positionen der SS oder der Bunker von Adolf Hitler untersucht. Im Rahmen der Topographie des Terrors werden nach und nach Überreste mancher Konzentrationslager freigelegt. In Deutschland wurden bisher die Lager Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Sachsenhausen und auch Flossenbürg untersucht, der sich in der Nähe der Grenze zu Böhmen befindet.

Geschichte

Das Konzentrationslager in Flossenbürg wurde 1938 zum Zweck der Eliminierung der Asozialen und Kriminellen errichtet. Das Lager wurde in der Nähe strategischer Steinbrüche errichtet, die der DESt (Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH) gehörten und direkt von der Schutzstaffel (SS) verwaltet wurden. Flossenbürg wurde zu einem Lager der zweiten Generation der nazistischen Lager, in denen unter der Parole "Vernichtung durch Arbeit" eine neue Form des Terrors angewendet wurde. Die Häftlinge wurden zur harten Arbeit gezwungen und erhielten dafür Verpflegung und Gesundheitsversorgung. Jeder Verstoß wurde hart bestraft. Während des 2. Weltkrieges haben die Nazis nach Flossenbürg und seine 100 Außenlager Häftlinge aus den besetzen Ländern im Osten transportiert. So kamen 1939 1.000 Häftlinge aus Dachau. In den Jahren 1941 bis 1942 wurden in das Lager 1.500 polnische Kriegsgefangene gebracht, die meistens der polnischen Widerstandbewegung angehörten. Etwa ein Drittel dieser Häftlinge wurde bis September 1941 hingerichtet. Folgend wurden sowjetische Gefangene in das Lager gebracht, für die ein selbständiges inneres Lager errichtet wurde. Die sowjetischen Gefangenen wurden bis 1944 hingerichtet. 1943 befanden sich im Lager Flossenbürg an die 4.000 Häftlinge. Die Hälfte davon waren politische Gefangene, weiter befanden sich hier 800 Kriminelle, 100 Homosexuelle und 7 Zeugen Jehovas. Die steigenden Zahlen der Häftlinge führten zur Errichtung von Außenlagern von Flossenbürg, von denen in Süddeutschland und im Protektorat Böhmen und Mähren mehr als 100 entstanden sind. Im Lager Mülsen St. Micheln kam es zu einem Aufstand. Die Häftlinge zündeten ihre Pritschen an und töteten einige Wachleute. Der Aufstand wurde durch die SS Einheiten niedergeschlagen. Die überlebenden Häftlinge wurden nach Flossenbürg gebracht, wo sie hingerichtet wurden. 1944 wurde das Lager zum Ausbildungszentrum für eine große Anzahl von Aufseherinnen, die sich meistens aus Fabrikarbeiterinnen in Deutschland und Polen rekrutierten. Es wurden mehr als 500 Frauen ausgebildet, die dann in den Außenlagern Dresden Ilke Werke, Freiberg, Helmbrechts, Holleischen (Holýšov), Leitmeritz (Litoměřice), Mehltheuer, Neustadt (bei Koburgu), Nürnberg-Siemens, Oederan, Zwodau (Svatava u Sokolova) und weiteren ihren Dienst ausgeübt haben. In demselben Jahr wurden 6 neue Galgen aufgestellt. Am Ende des Krieges wurden im Lagersystem Flossenbürg mehr als 40 000 Häftlinge, davon 11 000 Frauen gefangen gehalten. Die Anzahl der Toten überstieg am Ende des Krieges die Kapazitäten des Krematoriums. So wurden die Leichen von den SS-Männer auf einen Haufen geworfen, der folgend mit Benzin begossen und angezündet wurde. Bevor sie hingerichtet wurden, wurden die zum Tode verurteilten Häftlinge ausgehungert und isoliert in einer dunklen, als "Bunker" genannten Zelle gehalten.

Beschreibung

Das Konzentrationslager befand sich in einem Tal zwischen dem hohen Brücklberg (757 m NN) und dem niedrigeren Plattenberg (720 m NN). Das Lager wurde in zwei Bereiche aufgeteilt. Das eigentliche Lager hatte einen ovalen Grundriss und befand sich auf der oberen Terrasse. Es war durch einen Zaun umgeben, der in den Ecken durch Wachtürme verstärkt wurde. Die Häftlinge waren in 16 Holzbaracken untergebracht, deren Anzahl nach und nach zunahm. Das zweite Gelände befand sich südlich vom Lager und lag tiefer, als das Lager. In diesem Bereich befanden sich der Schießplatz und das Krematorium, das vor den Augen der Menschen verdeckt war. In dem Hang zwischen dem Lager und dem Krematorium entstand die sog. Todesrampe, hier wurden die toten Körper abgeworfen. Dieses gräuliche Bauwerk wurde durch Archäologen untersucht, um die wichtigen Punkte nationalsozialistischer Konzentrationslager den Besuchern sichtbar machen zu können. Die Überreste können im Gelände besichtig werden. Am Plattenberg entstanden Häuser für die SS Einheiten.

Literatur

IBEL, J. 2002, Konzentrationslager Flossenbürg: Ausgrabungen und Funde. Das Archäologische Jahr in Bayern 2002, 147-149.
THEUNE, C. 2013: Archaeology and Remembrance: The Contemporary Archaeology of Concentration Camps, Prisoners-of-War Camps, and Battlefields. In: Mehler, N. (ed.): Historical Archaeology in central Europe. Rockville, 241-259.